In meiner Küche stand monatelang eine Flasche Glühwein herum und wartete drauf, dass der Winter kommt und sie getrunken wird. Vergeblich. Um sie von ihrem Leid zu befreien, habe ich beschlossen, dass sie anders verwendet wird: Für meinen nächsten Rinderbraten sollte sie zu Glühweinsoße werden. Rinderbraten mit Rotwein zuzubereiten ist schließlich ganz normal und wieso sollten da ein paar Glühweingewürze stören, dachte ich und hatte Recht: Der Braten und die Soße bekommen eine leicht weihnachtlich-winterliche Note, die aber nicht zu dominant ist.
Natürlich kann man das folgende Rezept auch mit normalem Rotwein (und evtl. ein paar Gewürzen extra) zubereiten. Als Beilage gibt es so oder so selbstgemachte Dinkelspätzle und ein bisschen Romanesco als Alibi-Gemüse.
Das Rezept reicht für etwa 4 Personen, je nach Hunger und Größe der Beilagenportionen:
Für den Braten braucht man:
1kg Rinderbraten (Ein Stück, das sich zum Schmoren eignet, z. B. aus der Unterschale oder der Schulter. Der Metzger hilft aber auch bei der Auswahl.)
2-3 Karotten
1 Bund Frühlingszwiebeln
3 Schalotten
2-3 EL Tomatenmark
750ml Glühwein
ca. 500ml Gemüsebrühe
1 El Senf
Salz, Pfeffer, Paprika, Muskatnuss nach Geschmack
ggf. etwas Speisestärke
etwas Öl zum Anbraten
Das Gemüse in kleine Würfel schneiden, das Fleisch abspülen und trocken tupfen.
In einem großen Bräter (bestenfalls backofenfest, sonst muss man umfüllen) zuerst das Fleisch anbraten und wenn es von allen Seiten schön gebräunt ist, kurz herausnehmen und das Gemüse anbraten.
Wenn es beginnt weich zu werden, das Tomatenmark einrühren und kurz mit rösten. Dann leicht würzen, mit dem Glühwein ablöschen und das Fleisch wieder in den Bräter geben.
Etwa 20 Minuten bei relativ hoher Hitze, bei meinem Herd Stufe 9 von 12, kochen lassen und die Gemüsebrühe nach und nach hinzufügen.
Anschließend ein Fleischthermometer im Braten platzieren und bei etwa 120°C Unter- / Oberhitze in den vorgeheizten Backofen stellen. Den Deckel auf den Bräter legen – bei mir liegt er durch das Kabel vom Fleischthermometer leicht schief, aber das macht nichts.
Und nun beginnt das Wartespiel, das wir schon vom Pulled Pork kennen:
Das Fleisch muss eine relativ hohe Kerntemperatur (über 75°C, bei mir ging es bis zu 85°C) erreichen und über längere Zeit hinweg halten. Nur so wird es zart geschmort. Dabei sollte es möglichst komplett von Flüssigkeit bedeckt sein und / oder regelmäßig gewendet werden.
Die Kerntemperatur hatte der Braten bei mir relativ zügig erreicht, aber bis sich der vorübergehend frustrierend feste Kloß zu einem zarten Schmorbraten entwickelt hatte, hat es eine ganze Weile gedauert, insgesamt (ab dem ersten Anbraten) etwa 4 Stunden.
Das liegt daran, dass gewisse Bestandteile des Fleisches erst bei dieser Temperatur zerfallen und er dadurch zart wird. (Wie das Ganze chemisch funktioniert, kann Euch jemand anderes sicher besser erklären, aber es ist ja z. B. auch bei Gulasch so, dass das Fleisch lange schmoren muss.)
Das Gute an diesem Umstand ist: Eine halbe Stunde oder Stunde länger im Ofen macht den Braten, sofern die Ofentemperatur nicht zu hoch ist, nicht schlechter.
Wenn das Fleisch schön zart ist (Kann man zwischendurch einfach mal testen, indem man mit einer Gabel hinein piekst.), nimmt man es aus der Soße und hält es im ausgeschalteten Backofen in Alufolie warm. Die Soße wird stark eingekocht, mit Senf und Gewürzen abgeschmeckt und schließlich püriert. Wer es ganz fein mag, kann sie auch noch passieren. Falls die Soße noch zu flüssig ist, kann man sie mit etwas Speisestärke binden.
Erst direkt vor dem Servieren wird das Fleisch aufgeschnitten – eventuelle Reste legt man am besten in die Soße, dann trocknet es nicht so schnell aus.
Die Beilagen kann man während die Soße einkocht zubereiten. Für Spätzle ist bei uns, trotz seines Immigranten-Status aus dem Münsterland, uberhusband verantwortlich und er hat einige Grundregeln der süddeutschen Küche adaptiert:
1. Spätzleteig wird von Hand geschlagen bis er Blasen wirft.
2. Spätzleteig muss ganz langsam, dick und schwer vom Löffel reißen.
3. Wer Spätzleteig in der Maschine macht, ist doof.
Wir verwenden den Spätzle-Hobel vom großen Plastikdosenhersteller und sind damit sehr zufrieden, andere Spätzlehobel funktionieren aber sicher genau so. Für eine Spätzlepresse würde ich den Teig etwas weniger fest machen als uberhusband, damit man überhaupt eine Chance beim Durchpressen hat.
Für die Spätzle braucht man:
500g Dinkeldunst (Dunst ist im Feinheitsgrad zwischen Mehl und Grieß und eignet sich gut für Spätzle, aber auch für Pasta.)
5 M-Eier (oder 4 L-Eier)
220ml Milch (Wasser oder geht auch, aber uberhusband nimmt lieber Milch)
Salz, Pfeffer, Muskatnuss
Die Zutaten in einer großen Schüssel mit einem Holzkochlöffel vermischen und kräftig schlagen bis der Teig Blasen wirft und schwer vom Löffel fällt.
Die Spätzle portionsweise in einen Topf mit viel kochendem Salzwasser schaben (oder hobeln) und sobald sie an der Oberfläche schwimmen mit einer Schöpfkelle in ein Sieb befördern.
uberhusband und mir hat der Glühwein-Rinderbraten sehr gut geschmeckt und das, obwohl ich lange Zeit keinen Braten gegessen habe. In meinem Kopf spuken einfach noch zu viele trockene Braten herum, die ich irgendwann in meinem Leben einmal essen musste, und ich bin froh, dass mein eigener Rinderbraten nun schon mehrfach gut geklappt hat.
Wenn Ihr gerne Braten esst, traut Euch mal an den Glühwein, solange noch ein bisschen Winter ist.
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