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Spagetti mit Kürbis und Feta (und eine geplante linguistische Feldstudie)

Mein Mann mag keinen Kürbis. Er probiert mit kritischem Blick, wenn es ein neues Gericht gibt und fand Kürbisrisotto dann doch auch so ok, dass es das sogar an unserer Hochzeit als Zwischengang gab, aber man kann es trotzdem so zusammenfassen: Er mag keinen Kürbis. 
Ich hingegen mag Kürbis und zum Glück sind Kürbisse ja relativ gut haltbar und so kaufe ich hin und wieder einen kleinen für mich und verwende ihn nach und nach. Bisher gab es immer Hokkaido, aber neulich wanderte ein kleiner Butternut in meinen Einkaufskorb, dessen Reste ich gestern aufbrauchen wollte und mich angesichts des mageren Kühlschrankinhalts für Spagetti mit gebratenem Kürbis und Feta entschied. Sieht nicht so toll aus, schmeckt aber gut.
Das Rezept ist kinderleicht und schnell erklärt: Kürbis schälen und würfeln, in etwas Öl anbraten, mit Salz, Pfeffer, Muskatnuss würzen und in der Zwischenzeit Spagetti kochen. Wenn Kürbis und Spagetti weich genug sind, beides zusammengeben und den Feta darüber bröseln. Wer mag, gibt noch ein bisschen Olivenöl darüber. Muss man aber nicht. Ist also mal wieder gar kein richtiges Rezept.
Während ich meinen Spagetti und meinem Kürbis beim Garen zuguckte, dachte ich über etwas nach, das mich schon länger beschäftigt. Meine Schwiegerfamilie sagt bei verschiedenen Mahlzeiten zu verschiedenen Anlässen immer mal wieder (Das) kann man wohl essen. 
Als ich das zum ersten Mal hörte, war ich von der Formulierung irritiert und auch die nächsten 10 Mal nahm meine Irritation nicht ab. Kann man wohl essen würde ich sagen, wenn es nicht wirklich gut schmeckt, aber ich es halt trotzdem esse – aus welchen Gründen auch immer (Hunger, Höflichkeit…). So nach dem Motto Der Hunger treibt’s rein. Ich empfand es also schon immer als ziemlich unhöflich sowas über eine durchaus leckere Mahlzeit im Beisein des Kochs zu sagen, aber es war ja nicht mein Essen, das da bewertet wurde, und so blieb es beim irritierten Gucken meinerseits und die anderen waren sich einig:  Kann man wohl essen.
So guckte ich mit der Zeit immer weniger irritiert, man ist ja ein Gewohnheitstier. Bis ich Crème Brulée machte. Perfekte (ich betone: perfekte!!!) Crème Brulée (ich betone nochmals: meine Crème Brulée war perfekt!). Über die es dann hieß: Kann man wohl essen. Mit diesem wohl, das eine gewisse Überraschung und gleichzeitig auch ein Misstrauen ausdrückt. Soll ich nochmal betonen, dass die Crème Brulée perfekt war? Der eine oder andere mag vielleicht einfach keine Crème Brulée, aber das sollte die einhellige Meinung sein? Über meine perfekte… Ihr wisst schon. 
Ich war traurig, ein wenig entsetzt und im Grund auch beleidigt.

Inzwischen bin ich mir aber relativ sicher, dass es sich dabei mal wieder um regionale Unterschiede im Sprachgebrauch handelt und sie es gar nicht so meinen, wie ich es verstehe. Vielleicht sollte ich eine Feldstudie starten und mich in deutschen Esszimmern einnisten, um die Menschen beim Loben bzw. Kritisieren des Essens belauschen.
Wie ich darauf kam? Mein Mann sagt zu Kürbisgerichten meistens Kann man (wohl) essen und meint es durchaus auch so, wie ich es verstehe. Er hat sich halt gut angepasst. Und er mag keinen Kürbis.
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18 Comments

  • Reply Annika

    Ja, siehst du, ihr Deutschen kennt die Augsburger Wurst nicht! Das ist wie eine lange, ziemlich dicke Nürnberger Rostbratwurst und man ist sie mit Sauerkraut und gerösteten Erdäpfeln. Und wenn du jetzt nicht weißt, was das für eine Wurst ist, bin ich wirklich entsetzt!

    25. Oktober 2012 at 19:55
  • Reply Miri von Miris Jahrbuch

    Was ist denn Augsburger Wurst? Kenne ich auch nicht…

    25. Oktober 2012 at 17:19
  • Reply Annika

    Ich komme ja nicht aus Deutschland und habe daher auch wenig Ahnung von der Sprache dort bei euch (außer die Seltsamkeiten, die ich durch Deutsche hier im Studentenheim bemerkt habe, etwa: Menschen aus der Stadt Augsburg kennen die hier weit verbreitete Augsburger Wurst nicht).

    Aber bei uns sagt man häufig, wenn einem jemand gefällt: "Der/De ist ned schiach [schiach = hässlich]."

    Hier in Österreich lobt man ja nicht sooo gerne und deshalb macht man Komplimente lieber, indem man sehr stark untertreibt. Vielleicht ist das ja dasselbe mit diesem "Kann man wohl essen".

    25. Oktober 2012 at 13:18
  • Reply Anonym

    Liebe Miri,
    ich komme aus dem Osten Deutschlands und sowohl mein Paps als auch mein Freund sagen "kann man essen" und meinen es positiv, dass es ihnen richtig gut schmeckt.

    Liebste Grüße
    Jani

    25. Oktober 2012 at 12:17
  • Reply Juju

    Ich komme aus Niedersachsen, der Herr JeF aus Ost-Westfalen und er sowie seine Familie nutzen den Ausspruch auch, um gutes Essen zu loben. Ist wirklich reichlich gewöhnungsbedürftig, aber nicht der einzige Ausspruch der Ost-Westfalener, der irritiert, wie ich finde. Aber man gewöhnt sich ja schnell an vieles. 😉

    25. Oktober 2012 at 08:40
  • Reply lollepampolle

    Also ich finde es kommt auf die Betonung an. Ich kenne beides.
    Ein "Joaaah…kann mal wohl essen…" ist in der Aussprache gedehnt und meint eigentlich dass man's nicht mag.
    Während das "Jo! Kann mal wohl essen!" zackiger rüberkommt, im Idealfall mit begeisterter Miene und vollgeladenem Löffel / Gabel vorgetragen wird und als Kompliment gemeint ist. Manchmal auch mit einem Augenzwinkern um zu zeigen, dass man das positiv meint.

    Also im Zweifelsfall würde ich einfach auf deine Kochkunst vertrauen! 🙂

    25. Oktober 2012 at 08:20
  • Reply Goldengelchen

    gut dass du das mit NRW noch weiter spezifiziert hast… ich komme nämlich aus NRW und kenne das hier nicht (kann aber auch kein Platt).
    Ich hab übrigens die Seite gefunden, von der ich oben erzählt hatte:
    http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/germanistik/sprachwissenschaft/ada/runde_1/
    Total interessant!

    24. Oktober 2012 at 20:09
  • Reply Julia

    Es sieht so lecker aus!!!Ich werde das mal testen, von Kürbis kann ich im Moment gar nicht genug bekommen.

    Und ich kann dich verstehen: Habe auf "Kann man wohl essen" zeitweise auch etwas geschockt reagiert, habe dann aber gemerkt, das es wohl in einigen Teilen Deutschlands nicht "böse" gemeint ist 🙂

    LG

    Julia

    24. Oktober 2012 at 19:07
  • Reply Mathilde und ihre Menschen

    Zuerst: das kürbisrezept klingt seeeehr lecker. Butternuss ist mein Lieblingskürbis.
    Jetzt zu dem Essens-Kommentar: Ich wäre ziemlich gekränkt, wenn man das zu meinem Essen sagen würde. Aber es scheint wohl in der Tat ein Kompliment zu sein. Vielleicht ist das auch weniger regionaltypisch, sondern, ein interner Code der Schwiegereltern für "superlecker".
    Liebe Grüsse
    Chrissi

    24. Oktober 2012 at 18:27
  • Reply Die Große

    Ich muss mich der Mehrheit anschließen. Auch ich hätte den Ausdruck negativ aufgefasst…

    Grüße
    Die Große

    24. Oktober 2012 at 18:04
  • Reply Miri von Miris Jahrbuch

    Falls der Link bei Euch auch nicht funktioniert: Wikipedia. 🙂

    24. Oktober 2012 at 17:04
  • Reply Miri von Miris Jahrbuch

    Liebe Birgit, und wie sie Plattdeutsch sprechen! Münsterländer Platt (mehr Information hier)- kannte ich vorher auch nicht, gibt's aber wirklich. Mit meinem über die Jahre gesammelten Grundwortschatz verstehe ich ca. 1/3 von dem, was meine Schwiegereltern sagen, wenn andere am Gespräch beteiligt sind, die regional eingefärbtes Hochdeutsch sprechen, kann ich mir natürlich mehr zusammenreimen.
    Aber es scheint wohl an den Westfalen zu liegen… Diese Ausdrucksweise…

    24. Oktober 2012 at 17:00
  • Reply FeeMail

    Ich wäre zutiefst beleidigt, wenn das jemand über mein Essen sagen würde. Und ich bin aber sowas von NRW!

    24. Oktober 2012 at 15:23
  • Reply Zickimicki

    ach, miri;)da wirst du mit komplimenten überhäuft und merkst es gar nicht;) mein mann ist ostwestfale und dieser spruch gehört bei ihm auch zum essen -und ich wäre enttäuscht, wenn nicht "kann man wohl essen" oder "kann man bei sich behalten" käme;)und plattdeutsch sprechen die in nrw noch lange nicht…
    also "lecka" kochste oder "einwandfrei" wie mein vater sagen würde;)liebste grüße von birgit

    24. Oktober 2012 at 15:09
  • Reply A Charmed Life

    Ich hab mal eingeschnappte Blicke geerntet, als ich eine selbst gemachte Torte mit den Worten "Wow, die sieht ja aus wie gekauft" gelobt habe. Ist nicht als Lob angekommen. Damals fand ich es toll, wenn die Torte so aussah wie beim Bäcker.

    Und "Kann man wohl essen" würd ich auch nicht mega positiv auffassen. Kenn ich auch aus'm ruhrpott so nicht. Da ist einfach alles "Lecka!", oder eben nicht.

    Liebe Grüße, Maja

    24. Oktober 2012 at 13:48
  • Reply Miri von Miris Jahrbuch

    Die sind aber nicht aus dem Norden, sondern aus NRW. Ok, das hindert sie auch nicht daran, Plattdeutsch zu sprechen, was mich ebenfalls immer wieder erstaunt. 🙂

    24. Oktober 2012 at 11:38
  • Reply Goldengelchen

    Ich hab mal irgendwo im Internet ne Seite gsehen, bei der die regionalen Unterschiede der deutschen Sprache untersucht wurde. Total interessant. Vielleicht war dieses Beispiel auch dabei.
    Ich würde die Formulierung übrigens genaus wie du verwenden und verstehen.
    Viele Grüße, Goldengelchen

    24. Oktober 2012 at 11:19
  • Reply Andrea

    Also ich als aus dem Süden zugezogene Hamburgerin kann dir sagen: "Kann man wohl essen" ist für meine Begriffe im Norden ein ziemliches Kompliment 😀

    24. Oktober 2012 at 10:51
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